Genau schauen lohnt sich in der Topothek Micheldorf: viele historische Details sind zu entdecken. Auch bemerkenswerte Fotos wie dieses aus dem Arbeitsalltag der Firma Eumig © Martin Osen

A / OÖ: Micheldorf in Ober- österreich: Topothek eröffnet

Ein schon hydrographisch bemerkenswerter Ort ist Micheldorf im Traunviertel, denn hier entspringt ein Fluss, die Krems. Parallel zu Steyr und Enns fließt sie nordwärts der Donau zu und gibt etlichen Orten ihren Namen. Die Besiedelung der Gegend lässt sich anhand von Funden bis in das Paläolithikum nachweisen. Aber die steinzeitlichen Arbeitsmethoden wurden in Micheldorf schon früh, nämlich bereits im 14. Jahrhundert von der Eisenverarbeitung abgelöst und die Herstellung von Sensen wurde hier betrieben und revolutionär weiterentwickelt. 14 Sensenschmieden machten die Sensenblätter zu einer der wichtigsten Handelswaren des damaligen Österreich. Als weiterer fortschrittlicher Industriezweig befand sich von 1610 bis in das späte 20. Jahrhundert eine Schwarzpulvererzeugung im Ort. In diese Tradition der Herstellung innovativer Produkte trat auchin den 1960er-Jahren die Firma Eumig, an deren Fertigung hier etliche erstklassige Fotographien – wie auch das Titelbild – erinnern. Nicht nur bei der feinmechanischen Arbeit war ein guter Blick gefragt, auch bei etlichen Einträgen der Topothek von Micheldorf kann man interessante Details entdecken. Ein genaues Lesen der Baustellentafel bringt uns längst vergessene Verwaltungsbegriffe wie „Produktive Arbeitslosenfürsorge“ in Erinnerung. Wunderbar detaillierte technische Darstellungen der Produktionsmethoden, Anlagen und Maschinen sowie Lagepläne und Hauspläne lassen uns in das technische Denken vergangener Jahrhunderte eintauchen. Und man mag sich wundern, dass bei einem geplanten Gartenhaus ein Gesims in Halbmesserhöhe die würdigen Bogenöffnungen durchschneidet und somit optisch staucht. Hatte man damals nicht noch das Wissen der gestelzten Bögen? Leider können die zahlreichen Portraits der alten Industriellen in der Topothek von Michelhofen nicht mehr darüber Auskunft geben … (Als Postscriptum sei noch auf ein zeitgeschichtlich großartiges Foto hingewiesen: der Blick in die Fleischbank Miteregger um 1980. Alltag, der viel zu selten Dokumentiert wird.)

Martin Osen präsentiert die Topothek © Bernhard Renöckl