Für die „Citizen Scientists“ war es schon das vierte Mal, für die Topotheken ein erstes Mal: Im Rahmen des Citizen Science Award 2018 hatten Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, von 1. Mai bis 30. Juni 2018 bei ausgewählten Citizen-Science-Forschungsprojekten teil zu nehmen. Im Vordergrund stand heuer die Mitarbeit von Schülerinnen und Schülern. Die Topothekwar diesmal die Basis, auf der Schulklassen historische Rückblicke unternemen konnten. Drei Themen wurden für die Schulklassen angeboten: So konnte eine Topothek, mit der die Geschichte der Schule dokumentiert wurde, erstellt werden oder eine Topothek, in der Erinnerungsstücke der eigenen Geschichte mit Hilfe von Verwandten erarbeitet wurde. Als dritte Möglichkeit bestand die Mitarbeit an einer schon bestehenden Gemeinde-Topothek. Aus den eingereichten Arbeiten wurden durch eine Fachjury, gebildet aus VertreterInnen von Schulen und Archiven, die ersten drei Plätze für Schulklassen ermittelt.
Topothek: Die Gewinnerinnen und Gewinner
Der dritte Platz ging an die 3B der NMS Litschau, den zweiten Platz erreichte die Klasse Wurtz der NMS Schweiggers. Beide Klassen arbeiteten bei den bestehenden örtlichen Topotheken mit. Über den ersten Platz durfte sich die 1B der BAfEP Bischofshofen freuen, die eine eigene Topothek mit dem Motto „Kindheitserinnerungen“ erstellten und mit ihren Eltern und Großeltern exemplarische Erinnerungsstücke fanden, die in der Topothek dokumentiert wurden.
Der große Tag
Am 12. November war es so weit: Gemeinsam mit den Preisträgern der anderen fünf Citizen Science-Forschungsprojekten wurden die engagiertesten Citizen Scientists durch das BMBWF, vertreten durch Dr. Christian Smoliner (Leiter der Abteilung V/4 Forschungspolitik von Universitäten, Fachhochschulen und Privatuniversitäten), und die Projektleiterinnen und -leiter im Kuppelsaal der Technischen Universität Wien ausgezeichnet. „Durch die ehrenamtliche Beteiligung der Bevölkerung, die in ihrer Freizeit misst, beobachtet oder wissenschaftliche Fragestellungen beantwortet und kommentiert, erhält die Wissenschaft wertvolle Daten, aber auch neue Blickwinkel. Das große Potenzial von Citizen Science zeigen die Teilnehmerzahlen: Seit 2015 forschten nun bereits knapp 12.000 Personen beim Citizen Science Award mit“, so Smoliner. Und Univ.-Prof. Dr. Heinz Faßmann, Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, ließ verlauten: „Mit der Initiative Citizen Science wollen wir gezielt den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft fördern und insbesondere Schülerinnen und Schüler dazu animieren, sich der wissenschaftlichen Arbeitspraxis anzunähern. Das jährlich steigende Interesse der Hobbyforscherinnen und Hobbyforscher an den Projekten freut uns daher sehr“.
Bunte Mischung
Die Themen der Forschungsprojekte waren auch in diesem Jahr vielfältig: Welche Hummelarten sind in Österreich wo verbreitet? Wo befinden sich die Brutplätze der Mauersegler in Wien? Und welche Zusammenhänge gibt es zwischen den Verhaltensmustern und dem Bruterfolg von Graugänsen, Waldrappen und Raben? Citizen Scientists jeden Alters konnten aber auch die Entwicklung des Schwarzen Holunders und des Wiesen-Knäuelgrases dokumentieren. Für die Generierung von Forschungsfragen zu Unfallverletzungen waren vor allem medizinische Fachkräfte und Patientinnen und Patienten gefragt. Im Rahmen der Topothek waren Schulklassen eingeladen, historisches Material wie Fotos oder Erzählungen zu den Themen Ortsgeschichte, Geschichte der Schule/Institution oder Familiengeschichte für die Erstellung oder Erweiterung einer regionalen Topothek zu sammeln.
Die Gewinnerinnen und Gewinner
Ausgezeichnet wurden insgesamt zwölf Schulen bzw. Schulklassen und sieben Einzelpersonen. Für Einzelpersonen gab es Sachpreise, die von den Forschungseinrichtungen zur Verfügung gestellt wurden. Schulen konnten sich über Preisgelder von bis zu 1.000 Euro für die Klassenkassa freuen. „Nicht nur die Wissenschaft profitiert von der Zusammenarbeit mit der Gesellschaft. Interessierte, vor allem Kinder und Jugendliche, erhalten mit Citizen Science wertvolle Einblicke in die Welt der Forschung. So lernt die Wissenschaft von der Gesellschaft, und die Gesellschaft lernt von der Wissenschaft“, sagt Dr. Stefan Zotti, Geschäftsführer der OeAD-GmbH. Im OeAD ist das Zentrum für Citizen Science und Responsible Science angesiedelt.
Weitere Informationen zu den Projekten und Preisträger/innen: https://www.ots.at/redirect/zentrumfuercitizenscience1
Citizen Science: Bürgerinnen und Bürger forschen mit
Citizen Science bezeichnet eine Arbeitsmethode, bei der wissenschaftliche Projekte in Zusammenarbeit mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern durchgeführt werden. Welche wertvollen Beiträge die Bevölkerung für die Forschung leisten können, zeigten Dr. Saskia Ziemann, vom Karlsruher Institut für Technologie und Dr. Katrin Knickmeier, Kieler Forschungswerkstatt bei ihrem Vortrag auf. Im Rahmen der Aktion „Plastikpiraten – Das Meer beginnt hier!“ erheben Schulklassen und Jugendgruppen deutschlandweit relevante Daten zur Verbreitung von Makro- und Mikroplastik an und in Flüssen. Die Daten hunderter „Plastikpiratinnen und -piraten“ dienen als Grundlage für wissenschaftliche Veröffentlichungen und erlauben Rückschlüsse auf mögliche Müllquellen – daraus lassen sich wirksame Schutzmaßnahmen ableiten.
Citizen-Science-Award-Tag: Führungen, Workshops und Mitmachstationen
Erstmals hatten Interessierte bereits im Vorfeld der Verleihung die Gelegenheit, die Forschungseinrichtungen und deren Projekte näher kennen zu lernen. Über 500 Schülerinnen und Schüler, aber auch Einzelpersonen, nutzten das spannende Angebot am Citizen-Science-Award-Tag an fünf Standorten in Wien – von Führungen, Workshops, Mitmachstationen bis hin zu Science Cafés. Die Topothek bot Workshops an, bei denen vier Schulklassen aus Wien begrüßt werden konnten. Sowohl für die SchülerInnen als auch für die Workshop-Leiter Heidi Giehsauer (Topothek Wiener Neustadt) und Alexander Schatek war die gemeinsame Zeitreise eine wunderbare Erfahrung: Wenn der Zugang über die eigene Betroffenheit erlebt werden kann, wird Geschichte doppelt interessant. Und bemerkenswert, wenn auch logisch, aber oft wenig beachtet: Die Grenze für den Begriff „historisch“ ist jeweils an der eigenen Lebenszeit zu messen. Für die VolksschülerInnen waren Dinge und Situationen, die mit der Zeit ihrer Geburt zu datieren sind, damit also im Jahr 2010 liegen, schon „ur“-alt. Das ist ein Zeichen dafür, dass wir als Topothekarinnen und Topothekare auch schon jüngeres Material in die Topotheken aufnehmen sollten, um der jungen Besucherschaft das Einleben in die Vergangenheit zu ermöglichen.